Die Währungsreform 1948
Im März 1948 gründen die westlichen Alliierten die Bank deutscher Länder, um die Landesbanken zu koordinieren.
Der Wiederaufbau erforderte dringend eine Reform der Währung. Nach geheimen Vorbereitungen verkündeten die drei Westmächte am 18./19. Juni 1948 das „Erste Gesetz zur Neuordnung des Geldwesens“ und führten in den Westzonen die Deutsche Mark als gesetzliches Zahlungsmittel ein. Jeder Bewohner erhielt gegen Einzahlung von 60 Reichsmark zunächst 40 DM, weitere 20 DM zwei Monate später. Die Bevölkerung akzeptierte die neue Währung vom ersten Tag an. Über Nacht füllten sich die Regale in den Geschäften mit Waren aus gehorteten Beständen.
Die Währungsreform, der Übergang zur Marktwirtschaft und die Finanzmittel aus dem US-amerikanischen Marshallplan legen in der am 23. Mai 1949 gegründeten Bundesrepublik (Unterzeichnung des Grundgesetzes) den Grundstein zum „Wirtschaftswunder“.
Obwohl die Stadtwerke durch die Währungsreform ihr gesamtes Barvermögen verloren haben, wird die Hauptwasserleitung DN 200 mm von der Bredderstr. bis zum Behälter Herbeck in 1949 gebaut. Der Herstellungsaufwand beläuft sich auf 68.401 DM. Stolz berichtet der am 15. Januar 1948 zum Technischen Werkleiter ernannte bisherige Betriebsleiter Karl Inacker, dass beim Brand der Bäckerei Houwald Bremicker in Herbeck erstmals seit Jahren der Feuerwehr genügend Löschwasser zur Verfügung stand.
Über 9 Millionen Flüchtlinge und Vertriebene mussten nach dem Krieg in Westdeutschland aufgenommen werden. Dies war nur durch Zwangsbewirtschaftung der Wohnungen möglich. Die „Flüchtlingswelle“ erreichte auch Radevormwald. Die Zahl der Einwohner und damit auch der Wasserverbrauch stiegen sprunghaft in die Höhe.
Entwicklung | 1945 | 1946 | 1947 | 1948 | 1949 | 1950 |
Einwohner | 14.615 | 15.182 | 17.074 | 17.131 | 17.642 | 17.837 |
Wasserverbrauch in cbm | 307.510 | 309.646 | 352.282 | 424.168 | 461.173 | 481.052 |
Mit dieser Entwicklung hatte niemand bei der Planung des neuen Wasserwerkes gerechnet! Vorsorglich kündigte Werkleiter Karl Inacker am 11. Okt. 1949 an, dass für die zukünftige Sicherstellung der Wasserversorgung „Erweiterungen“ vorgenommen werden müssen.
Sachverständige gingen seinerzeit davon aus, dass in längeren Trockenperioden die Grundwasserschöpfung in Stoote auf eine Jahresmenge von 400.000 cbm zurückgehen könnte. Um Planungssicherheit zu bekommen, wurde am 20. Januar 1950 das Ingenieurbüro Fuchssteiner und A. Lang, Düsseldorf, damit beauftragt, ein Gutachten zur Sicherstellung der Wasserversorgung der Stadt Radevormwald für die nächsten 30 Jahre zu erstellen.
Der Gutachter bestätigte, dass die Wasserversorgung der Stadt Radevormwald aus der Stollenwasserfassung in niederschlagsarmen und trockenen Zeiten zukünftig nicht mehr einwandfrei durchgeführt werden kann, also nicht gewährleistet ist! „Die Versorgungslage ist ernst und erfordert dringende Maßnahmen zur Abstellung der jetzigen unhaltbaren Zustände“, so der Gutachter A. Lang. Nach seiner Wahrscheinlichkeitsrechnung ging der Gutachter davon aus, dass der jährliche Wasserverbrauch bis 1965 auf rd. 750 Tcbm und bis 1980 auf rd. 1,2 Mill. cbm Trinkwasser steigen wird (Tagesverbrauch 148 l je Kopf). Es fehlen also im Jahr 1980 bis zu rd. 800 Tcbm Wassser.
Als Sofortmaßnahme plädierte der Gutachter für die Herstellung eines Rohwasser-Verbundsystems mit der Neyetalsperre und Bau eines neuen Wasserhochbehälters mit einem Fassungsvermögen von mindestens 1.600 cbm in Wintershaus, da der Wasservorrat im vorhandenen Wasserturm (max. 125 cbm) bei einer Störung im Wasserwerk Stoote nur noch für 30 Minuten ausreicht!
In Gesprächen und Verhandlungen mit der Landesregierung Düsseldorf in 1950, an denen Vertreter des Wupperverbandes, des Wasserwirtschaftsamtes und der Stadtwerke Remscheid und Radevormwald teilnahmen, wurde festgestellt, dass eine Mehrwasserschließung im Bevertal bei Stoote betriebstechnisch, wirtschaftlich und insbesondere auch hygienisch nicht zu verantworten ist.
Um bis zu 800.000 cbm als Reserve für die Deckung des Spitzenverbrauches von Radevormwald vorhalten zu können, müsste der alte, seinerzeit als Fahrweg benutzte Staudamm, der etwa 70 m unterhalb des Wasserwerkes Stoote quer durch das Talsperrengebiet verlief, vollkommen erneuert werden, um ihn wasserdicht zu bekommen. Ferner müssten Grundablass und Überlauf eingebaut werden. Die Investitionskosten wurden auf 1,5 Millionen DM geschätzt.
Da die Bevertalsperre keine Trinkwassertalsperre ist und auch zukünftig nicht sein wird, auf der anderen Seite aus anderen Einzugsgebieten, z.B. im Tal der oberen Wupper, eine mengenmäßige Bedarfsdeckung nicht möglich ist, wurde der Bezug von Neyewasser als die allein richtige Lösung für Radevormwald für die nächsten Jahre angesehen.
In diesen Verhandlungen wurde auch deutlich, dass der Mehrverbrauch von Trinkwasser im Wupperverbandsgebiet (Wuppertal, Remscheid, Solingen, Radevormwald) in 30 Jahren schätzungsweise bis auf 50 Millionen cbm ansteigen wird. Es herrscht Einigkeit darüber, dass der Bau einer weiteren Trinkwassertalsperre im Dhünntal in absehbarer Zeit in Angriff genommen werden muss, dass diese Maßnahme auch durch Förderung und Umsetzung der „Verbundwasserwirtschaft“ im Verbandsgebiet des Wupperverbandes und darüber hinaus entsprechend zu unterstützen ist.
Obwohl die Stadt Remscheid befürchtete, durch die bevorstehende Eingemeindung der Orte Lennep und Lüttringhausen selbst Probleme bei der mengenmäßigen Wasserversorgung zu bekommen, stimmt Remscheid einer vertraglichen Regelung zu, welche die Entnahme von Rohwasser aus der sogenannten Neyeleitung in Hückeswagen vorsieht. Bei der Neyeleitung handelt es sich um eine Transportleitung mit einer lichten Weite von 700 mm, welche Rohwasser aus der Neyetalsperre ohne Pumpenbetrieb über eine Strecke von 12 km bis in die Eschbachtalsperre fördert.
Nach Verhandlungen mit den zuständigen Aufsichtsbehörden und politischen Gremien konnte endlich am 18. August 1953 der Wasserbezugsvertrag mit den Stadtwerken Remscheid mit einer Laufzeit von 30 Jahren abgeschlossen werden. Nun ging es notgedrungen mit den Baumaßnahmen zügig voran. Architekt G. Schanz, Radevormwald, war für die Planung des Zwischenpumpwerkes in der Ortschaft Kleinberghausen (Hückeswagen) zuständig, als technischer Berater fungierte der Betriebsdirektor der Stadtwerke Hagen A. Inacker, ein Bruder des Techn. Werkleiters Karl Inacker.
Im Januar 1954 wurde das Radevormwalder Baugeschäft Ph. Kreckel und Söhne mit dem Bau des Pumpwerkes in Kleinberghausen und das Wuppertaler Bauunternehmen Köster und Adolphs mit der Herstellung der 3.800 m langen Verbindungsrohrleitung 300 mm l.W. und Verlegung eines Fernmeldekabels für die Steuerung der Pumpen in Kleinberghausen von Stoote aus beauftragt.
Bemerkenswert ist, dass 320 t Rohrmaterial von den Landwirten Willi Busch, Stootermühle, und Waldi Busch, Siepersbever, mit ihren Pferdefuhrwerken zu den Rohrlagerstellen in Eckenhausen und Girkenhausen transportiert wurden. Die Arbeiten konnten gegen Ende des Jahres abgeschlossen werden. Nach der Abnahme am 27.12.1954 durch das Wasserwirtschaftsamt Düsseldorf wurden die neuen Anlagen sofort in Betrieb genommen.
Der Herstellungsaufwand belief sich auf insgesamt rd. 425 TDM. Für die Finanzierung standen Eigenmittel nicht zur Verfügung. Die Landesregierung gewährte einen Zuschuss in Höhe von 20 TDM., so dass 400 TDM mit Landes- und Sparkassendarlehen zu finanzieren waren. Da das Wasserwerk auf Grund der hohen Investitionen bereits in den Vorjahren „rote Zahlen“ schrieb (1953 Jahresverlust 10.350 DM) musste der Wasserpreis ständig der Kostenentwicklung angepasst werden.
Trotz der schlechten Ertragslage musste 1953 die Wasserleitung DN 150 mm von der Ortschaft Im Hagen bis Herkingrade verlängert werden, um in den Wupperortschaften bessere Wasserdruckverhältnisse zu erreichen. Die Maßnahme kostete immerhin 69.587 DM. Die Landesregierung genehmigte eine Beihilfe in Höhe von 24.500 DM. Zum 31.12.1953 betrug die Wasserleitungslänge insgesamt 43,1 km.